
© Foto: Karoline, 2021
Katrin und ich sind ja bekennende Liebhaber des beschaulichen Mordens, wie man an Agatha Raisin und Hamish Macbeth erkennen kann. Als ich eines Tages vor der Qual der Wahl stand, welches Buch ich als nächstes beginnen sollte, spielte Katrin die Glücksfee und suchte natürlich den Krimi Geheimnis in Weiß aus. Ich begann ihr probehalber die ersten Kapitel vorzulesen, bis wir dann mitten in der Nacht bei Kapitel sechs abbrechen mussten – so sehr hatten uns die mysteriösen Ereignisse dieses Romans gefangen genommen.
An Heiligabend sehen sich die Reisenden in einer misslichen Lage, denn statt die Stadt Manchester zu erreichen, sitzen sie im Zug auf offener Strecke fest und kommen weder vor noch zurück. Trotz des dichten Schneegestöbers wagen sich ein Geschwisterpaar, eine Revuetänzerin, ein kränkelnder Buchhalter und später ein Nörgler, hinaus in die Kälte, um zum nächsten Bahnhof zu gelangen. Sie folgen dem ebenfalls ausgestiegenen Sir Maltby, einem Mitglied der Königlich-Parapsychologischen Gesellschaft. Die Reisenden verlieren jedoch seine Fußspuren in der verschneiten Einöde und stoßen eher zufällig auf ein Haus. Die Tür ist unverschlossen, es brennen Kaminfeuer in allen Zimmern und im Salon wurde für das Weihnachtsessen gedeckt. Doch wo sind die Bewohner? Und wieso liegt ein Messer auf dem Küchenfußboden? Als Sir Maltby kurze Zeit später wieder ins Geschehen eingreift, beginnt auch schon die Detektivarbeit.
Geheimnis in Weiß erschien im Jahr 1937 und spielt daher in der guten alten Zeit, in der weniger Wissenschaft, sondern mehr Logik beim Lösen von Kriminalfällen gefragt war. Den Sherlock Holmes dieser Geschichte übernimmt der kluge wie besserwisserische Sir Maltby, der immer wieder neue Theorien entwickelt und verwirft. Fast jedes Kapitel endet mit einem Cliffhanger, sodass der Leser ständig von neuem auf die Folter gespannt wird. Je weiter die Handlung voranschreitet, desto beklemmender und mysteriöser wird die ganze Angelegenheit. Auf die Lösung am Ende wäre ich nie im Leben gekommen.
Konsequent zieht sich ein ganz feiner, bissiger Humor durch den gesamten Krimi. Besonders der kranke Buchhalter hatte es mir mit seinen heldenhaften Fieberfantasien angetan. Erfrischend waren auch die wenigen Beschreibungen der Umgebung, die mich sonst immer davon abhalten, mit der eigentlichen Handlung voranzukommen. Der Autor konzentriert sich voll und ganz auf die Verhaltensweisen und Dialoge der handelnden Personen. Fast könnte man meinen, er wollte aus seinem Roman ein Kammerstück machen.
Dieses Buch überzeugt mich nicht nur mit seinem Inhalt, denn auch sein Äußeres kann sich sehen lassen. Es ist zwar ein Hardcover, hat jedoch ein für Taschenbücher übliches Format. Das Cover hat durch den Schwarz-Weiß-Kontrast mit Orange-Akzenten eine ganz besondere Ästhetik und die Leinen-Haptik ist das i-Tüpfelchen. Ein wirklich unkonventionell gestaltetes Buch. Darüber hinaus war es einwandfrei lektoriert! Ein großes Lob an Klett-Cotta an dieser Stelle.
Wer also in beschaulich-britischer Manier einen Weihnachtskrimi genießen möchte, dem kann ich Geheimnis in Weiß nur wärmstens ans Herz legen. Ich denke, dass Miss Marple und Hercule Poirot ganz begeistert von Sir Maltby und seinen Mitstreitern gewesen wären!
Autorin: J. Jefferson Farjeon
Buchtitel: Geheimnis in Weiß – Eine weihnachtliche Kriminalgeschichte
Übersetzung: aus dem Englischen von Eike Schönfeld
Verlag: Klett-Cotta
3 Gedanken zu “Weihnachtsschmaus im Spukhaus”