
© Foto: Karoline, 2019
Es ist mal wieder soweit. Das Jahr ist halb vorbei, zahlreiche Geschichten wurden bereits gelesen und nicht alle für gut befunden. Richtig schlecht geschriebene Bücher kann ich diesmal nicht vorweisen, aber wie es eben immer ist: nicht jeder Stil passt zu einem. Ob ein Werk wirklich gelungen ist, liegt eben im Auge des Betrachters. Meine Augen haben intensiv gescannt und diese persönlichen Enttäuschungen zutage gefördert.
Die Geschichte der Frau von Feridun Zaimoglu
Ein Buch zum Geburtstag ist bei mir stets ein willkommenes Geschenk. Diesmal gab es einen Gutschein für einen Buchladen meines Vertrauens. Also marschierte ich frank und frei hinein und stieß auf Die Geschichte der Frau: Kurze Anekdoten zu den Frauen berühmter Männer, von der Antike bis ins 20. Jahrhundert. Auch über den Autor Feridun Zaimoglu hatte ich Gutes gehört und so war der Kauf schnell und mit Begeisterung getan. Von Begeisterung konnte nach den ersten 100 Seiten allerdings nicht mehr die Rede sein. Drei Geschichten hielt ich durch und lernte dadurch Zippora, zweite Frau von Moses, Antigone und Judith, Frau des Judas, besser kennen. Der Leser wird in die jeweilige Geschichte hineingeworfen und darf zusehen, wie er sich zurechtfindet. Ein paar erklärende Worte am Rande? Fehlanzeige, es wurde Hintergrundwissen vorausgesetzt, das ich als Atheist einfach nicht vorweisen konnte. Wo ist Moses gerade? Welche Völker bekriegen sich? Wieso hat Zippora so ein komisches Verhältnis zu ihrer Schwägerin? Lediglich bei Antigone fand ich mich halbwegs zurecht. Doch auch diese Geschichte konnte mich nicht so sehr reizen, dass ich motiviert gewesen wäre weiterzulesen. Also war für mich dann recht früh Schluss mit den Frauen und Herrn Zaimoglu. Frustrierend!
Die Welt der verschwundenen Berufe von Rudi Palla
In der Sachbuch-Abteilung fiel mir dieses rote Buch direkt ins Auge. Auch die Thematik rund um ausgestorbene Berufe hatte sofort mein Interesse geweckt. Briefmaler? Planetenverkäufer? Lichtputzer? Das klang exotisch und aufregend. Inhaltlich konnte mich Die Welt der verschwundenen Berufe auch durchaus begeistern. Einzig die Struktur wollte nicht so recht zu meinem Lesefluss passen. Aufgebaut wie ein Lexikon, wird jeder Buchstabe geballt abgearbeitet. Das ist einerseits abwechslungsreich, aber eben auch sehr willkürlich. Kaum hatte ich etwas Wissen auf dem einen Gebiet erworben und war gespannt auf die zahlreichen Querverweise, da wurde ich mit ganz anderen Berufsgruppen konfrontiert. Eine Unterteilung in verwandte Themenbereiche hätte mir viel besser gefallen und mich auch am Ball bleiben lassen. So jedoch sortierte ich es irgendwann leicht genervt aus. Schade, denn die Artikel waren gut!
Die Zigarette danach von Antoine Laurain
Zugegeben, die Geschichte ist ziemlich abgefahren. Die liebende Ehefrau nötigt den militanten Zigarettenliebhaber Fabrice zu einem Hypnotiseur zu gehen, um rauchfrei zu werden. Er spielt das Spiel mit, denn er glaubt sowieso nicht an diesen Hokuspokus. Leider versteht der Dienstleister jedoch sein Fach und somit muss Fabrice fortan ohne Zigarette durchs Leben schreiten, für ihn der persönliche Horror. Rein zufällig entdeckt er, dass die Lust am Quarzen wiederkommt, wenn er anderen Menschen das Leben aushaucht. Ganz klar, dass das irgendwann eskaliert.
Laurains bitterböse Tragikomödie beginnt äußerst humorvoll und ließ mich Großes hoffen. Ich lachte herzhaft und erfreute mich an spritzigen Formulierungen. Doch was dann folgte war Langeweile. Die Geschichte schritt nur langsam voran, kreiste sich permanent um sich selbst und schon schnell begann ich mich zu fragen, wann es denn endlich vorbei wäre. Mein Fazit: Stark angefangen, aber leider auch stark nachgelassen. Ein wahrer Jammer!
Der weiße Tod von Stanisław Lem
Als ich vor zwei Jahren das Science Fiction-Werk Pilot Pirx las, war ich absolut begeistert. Trotz des hohen Alters der Geschichten, wirkten die Themen rund um Weltraum und Menschlichkeit kein bisschen angestaubt. Daher startete ich mit einem Haufen Vorschusslorbeeren in den Weißen Tod – und erlebte große Ernüchterung. Wie der Untertitel es schon ankündigt, handelt es sich bei den zahlreichen Geschichten rund um Märchen über Roboter. Ich hatte nur leider vergessen, dass osteuropäische Märchen einen so ganz anderen Stil haben, als unsere deutschen. Daher fiel es mir schwer in die Geschichten hinein zu finden. Der Bezug zu den Robotern war nett, mehr aber auch leider nicht. Die Science Fiction-Märchen sind durchaus sehr kreativ und stellenweise amüsant geschrieben, dennoch quälte ich mich. Nach sechs Geschichten und rund 50 Seiten war bei mir bereits der Ofen aus. Auch wenn ich wieder die stets präsente Thematik rund um Mensch und Menschlichkeit zu schätzen wusste, so war mir eine permanente Analyse und Interpretation jeder einzelnen Geschichte zu anstrengend, zum reinen Lesevergnügen waren sie allerdings auch etwas zu dröge. Anscheinend muss ich auf die richtige philosophische Stimmung bei mir warten und darf nicht versuchen, alle Geschichten hintereinander weg zu lesen. Vielleicht werden Die gesammelten Robotermärchen und ich dann doch noch Freunde.