
© Foto: Ilke, 2020
Als ich neulich in der Bibliothek unterwegs war, erregte ein Buch meine Aufmerksamkeit. Diesmal war es nicht der Titel oder das Cover, sondern die Autorin. Oh, sie heißt ja wie ich, schoss es mir durch den Kopf, und ich griff danach. Der Inhalt sagte mir nicht zu, doch ich recherchierte zu Hause nach anderen Titeln und stieß auf Essen mit Freunden. Der Roman schien alles zu besitzen, was ich toll finde: ein hübsches Cover, einen sympatischen Titel und eine ansprechende Geschichte.
Luise führt ein Leben voller Provisorien: Übergangsjob, den sie schon viel zu lange erträgt, eine schlechte Beziehung nach der anderen und ein Schwarm, der glücklich vergeben ist. Als wäre das nicht schon genug, macht sie sich auch noch permanent Sorgen um ihre Mutter, die noch mit 70 Jahren das Tanzbein schwingt und gar nicht daran denkt, sich zu schonen und im Altersheim zur Ruhe zu setzen. Lichtblicke bereiten ihr nur die regelmäßigen Kochabende mit ihren Freunden. Sie liebt es, sich neue und außergewöhnliche Gerichte auszudenken und den Alltagsstress kann sie wunderbar wegbacken.
Als sie wieder einmal von ihrer launischen Chefin ohne Grund und auch noch vor einem Kunden runtergeputzt wird, platzt ihr der Kragen. Luise feuert zurück und kündigt fristlos. Kurz darauf kommen ihr Zweifel – was soll sie denn jetzt nur tun? Sie überlegt, was sie glücklich macht und bleibt beim Kochen, Backen und der Freude ihrer Gäste hängen. Sie beschließt einen Cateringservice zu gründen, einen, bei dem das Essen direkt auf den Kunden zugeschnitten ist und der ihnen das wohlige Gefühl gibt, als würden sie mit Freunden speisen. Es würde sich um kleine Menüs in privater Runde handeln, bei der sie die Gerichte zusammen mit dem Auftraggeber erstellt und vor Ort in deren Küche kocht. Der Gastgeber könne dann in kleinem Kreis ein wunderbares Mahl kredenzen und sich bei Bedarf gar selbst als Zubereiter ausgeben. Essen mit Freunden soll ihr mobiler Cateringservice heißen. Bei einer Verabredung mit ihren Freunden erzählt sie stolz von ihrer Idee. Diese sind sogleich begeistert und spinnen neue Ideen dazu. So krempelt Luise ihr Leben gehörig um und zwei Männer wirbeln es vollends durch.
Der Roman ist nicht nur flüssig und lebhaft geschrieben, sondern auch gespickt von so viel Futterliebe, dass ich regelmäßig Hunger bekam. Luises Leidenschaft fürs Kochen springt dem Leser überall entgegen. Man riecht geradezu die Düfte der Speisen und Inkredenzien. Die Kapitelüberschriften sind jeweils ein Gericht oder Nahrungsmittel, das für das Kapitel eine große Rolle spielt. So etwas habe ich bisher noch nie gesehen und es gefiel mir sehr gut. Ich war ziemlich zwiegespalten über den Charakter von Luise. Einerseits konnte ich mich gut mit ihr identifizieren, andererseits agierte sie manchmal so kalt und launisch, dass ich nichts mit ihr anfangen konnte, vor allem gegenüber Männern. Im Laufe der Geschichte erahnt man den Grund dafür. Mir gefiel auch die Entwicklung der Protagonistin, wie sie immer mehr Selbstbewusstsein und Vertrauen gewinnt und über sich selbst hinauswächst. Ihre Liebesgeschichte steht nicht vollends im Vordergrund, sondern begleitet die Story, nimmt zum Ende jedoch für meinen Geschmack zu viel Raum ein. Dementsprechend fiel das Ende für mich zu vorhersehbar und kitschig aus. Ab dem Zeitpunkt, an dem Essen mit Freunden startet, geht plötzlich alles glatt, wo doch das vorherige Leben von Luise voller Steine war. Hier hätte ich mir ein bisschen mehr Ausgeglichenheit und Realismus gewünscht.
Alles in allem ist Essen mit Freunden ein kulinarischer Wohlfühlroman, der mit ein bisschen zuviel Zuckerguss, aber auch mit extra viel Herz garniert ist. Ich hatte viel Freude beim lesen. Und jetzt gönne ich mir ein Schokotörtchen.
Autor: Ilke S. Prick
Buchtitel: Essen mit Freunden
Verlag: Insel Verlag