
© Foto: Ilke, 2021
Der Rückentext des Romans versprach viel: ein Protagonist, der den Wunsch seines verstorbenen Vaters erfüllen möchte und sich auf eine irrwitzige Reise begibt; ein witziger und schräger Roman darüber, wie man jung bleibt. Ich war ganz heiß auf den Roman, die Ernüchterung folgte schnell.Honza ist um die Fünfzig und kaum erfolgreicher Autor, sein Sozialleben ist von losen, distanzierten Bekanntschaften bestimmt. Eine neue schicksalhafte Bekanntschaft macht er mit Murgy, der ihn eines Tages anspricht. Er kennt sein Gesicht aufgrund einer Werbekampagne, bei der Honza aus Jux heraus mitmachte und dabei als Franz Josef I., Trachtenseppel und den braven Soldaten Schweijk (den Roman hat Karoline rezensiert) abgelichtet wurde. Beide gehen in die Kneipe Fraktal, wo Murgys Kumpel Rulpo dazustößt. Nach kurzem Gequatsche schenken sie Honda einen Flug, den er annimmt, ohne genau zu wissen warum. Und schwupp di wupp hängt er an einem Paragliding-Schirm und saust der Erde entgegen. Dabei genießt er nicht etwa die Aussicht, sondern verliert sich in langen Gedankengängen um sein Leben und seine Vergangenheit, nur kurz unterbrochen von Fluganweisungen. Die drei Männer gehen danach eigene Wege, nur um sich wenig später erneut zu einer Reise zusammenzufinden.
Mehr noch als der Rückentext hat mich der Klappentext dazu bewogen, das Buch zu wählen. Während des Lesens stellte ich fest, dass dieser leider fast die ganze Geschichte erzählt. Die Reise findet erst im letzten Drittel statt, was ich so nicht erwartet hatte. Witzig und rasant, wie mir der Werbetext versprach, fand ich den Roman auch nicht. Nach den ersten Seiten, in denen sich Honda in mir nicht nachvollziehbaren Gedanken über seine Vergangenheit verliert, habe ich überlegt abzubrechen. Ich kam so gar nicht zurecht mit seiner Art und Weise, Dinge zu betrachten oder Gedanken nachzuhängen. Zu weit weg war das Gelesene von meinen Vorstellungen. Und da haben wir es wieder: der Lesegenuss hängt zum Großteil von der eigenen Erwartung ab. Ich las mir Rezensionen durch und beschloss, bis Seite 50 zu lesen und dann zu entscheiden. Ich kam tatsächlich in die Geschichte rein und entwickelte ein Interesse daran, wie es weiter geht. Ich akzeptierte, dass ich weder den Protagonisten noch die auftauchenden Charaktere leiden oder verstehen kann. Das machte das Lesen deutlich einfacher. Ebenso waren die Kapitel sehr kurz, teilweise nur eine halbe Seite.
Die Story ist kein witziger Trip mit tollen Ereignissen, zumindest nicht für mich. Es ist die Schilderung eines Mannes, der keine Ambitionen mehr hat und unfähig ist, enge Bindungen aufzubauen und dem jegliche Empathie fehlt. Sei es bei beim Paragliden, telefonieren mit seinem Vater oder dem Trip mit Rulpo und Murgy: er nimmt hauptsächlich die hässlichen, unangenehmen Seiten der Ereignisse wahr und nimmt dies mit Gleichgültigkeit hin. Er hat keine Ansprüche und macht sich tatsächlich dadurch selbst lächerlich. Am Ende erhält er so etwas wie Selbsterkenntnis und scheint diese hinzunehmen, ohne sie ändern zu wollen. Der Schreibstil passt sehr gut zu dem Charakter von Honza, ab und zu nahm der Autor sich selbst und die tschechische Literaturbranche aufs Korn, was ich wiederum sympatisch fand. Ich bin froh, dass ich das Buch zu Ende gelesen habe und dass ich solche Charaktere nicht in meinem Leben habe.
Autor: Emil Hakl
Buchtitel: Regeln des lächerlichen Benehmens
Übersetzung: aus dem Tschechischen von Mirko Kraetsch
Verlag: Braumüller
Ein Gedanke zu “Kreisen um sich selbst”