Kämpfen und sterben für die Überzeugung

© Foto: IMDb, 2021

Grundsätzlich bevorzuge ich in den Bereichen Bücher, Filme und Co. eher Fiktion. Geschichten nach wahren Begebenheiten und Biografien schrecken mich häufig ab. Da komme ich nicht umhin mich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass das Beschriebene tatsächlich passiert ist. Nichtsdestotrotz nutze ich die Weltenbummler-Monate auch gern mal, um aus meiner Komfortzone herauszukommen. Bei meiner Recherche bin ich über einen biografischen Film zur tschechoslowakischen Politikerin Milada Horáková gestoßen. Der Name war mir zu dem Zeitpunkt noch unbekannt, doch das sollte sich schnell ändern.

Im Film begleiten wir Milada vom Beginn ihrer politischen und aneckenden Karriere bis zu ihrer Hinrichtung. Von den insgesamt zwei Stunden gehenden Drama befasst sich die erste halbe Stunde mit ihren aufreibenden Erlebnissen vor und während des zweiten Weltkrieges. Milada, schon immer Verfechterin der Demokratie, wird zur aktiven Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus und schließlich von der Gestapo verhaftet sowie später mehrfach verurteilt. Hoffnung stellt sich zum Kriegsende ein, als sie von der amerikanischen Armee befreit wird. Der Großteil des Films dreht sich dann um die Nachkriegszeit, in der Milada zunächst ins Parlament abgeordnet wird. Diesmal setzt sie sich im immer schwieriger werdenden Kampf gegen den Kommunismus ein. Nach dem kommunistischen Umsturz wird sie als Regimekritikerin verfolgt, wieder verhaftet und in einem Schauprozess zum Tode verurteilt.

Während wir mit den historischen Fakten von Miladas Leben konfrontiert werden, legt der Film ein großes Augenmerk auf die emotionale Ebene. Durch ihren Einsatz beim Widerstand entstehen angespannte Familienbande. Vor allem Miladas Schwester und Tochter leiden sehr unter der Situation. Zwar teilt die Familie ihre Überzeugungen, doch ist ihnen nur zu sehr bewusst, welche Folgen der politische Einsatz für Milada selbst, aber auch ihre Nächsten nach sich ziehen kann. Zumal während des Krieges nicht nur sie, sondern auch ihr Ehemann verhaftet wurde. Dieser stand und steht seiner Frau bei all ihren Entscheidungen bei, doch die Tochter kämpft mit ihrem Verständnis. Nachvollziehbar, denn sie hat einen Teil ihrer Kindheit fast keinen Kontakt zu ihren Eltern, nur ab und an einen Gefängnisbesuch.

Am Anfang waren die Zeit- und Szenensprünge in Milada etwas gewöhnungsbedürftig für mich. Oft liegt ein nicht definierter Zeitraum zwischen den jeweiligen Sequenzen. Das ist etwas verwirrend, auch wenn man schnell wieder im Geschehen drin ist. Weiterhin ist die Filmmusik sehr zurückhaltend eingesetzt. Gibt es eine, bewegt sie sich dezent im Hintergrund und trägt nicht den Hauptteil einer emotionalen Situation, wie ich das von Filmen und Serien gewohnt bin. Diese Aufgabe übernimmt die Mimik der Schauspieler. Es ist unfassbar wie viele Gesichtsausdrücke und Blicke ein jeder in diesem Film, allen voran Hauptdarstellerin Ayelet Zurer, einsetzen kann und dies auch immer goldrichtig tut. Da ist an einigen Stellen gar kein gesprochener Dialog notwendig. Einziges Manko, über das ich nicht hinwegkomme: die deutsche Synchronisation ist unglaublich emotionslos. Ich habe deswegen direkt zu Beginn auf den englischen Originalton gewechselt.

Am Ende war mir wieder deutlich bewusst, warum ich sonst Abstand zu solchen Filmen halte. Die Tatsache, dass es diese unfassbar ungerechten Schauprozesse gab (und bestimmt auch heute noch gibt), ist für mich überhaupt nicht zu verdauen. Auf der positiven Seite kenne ich jetzt die Geschichte einer mir bis dato unbekannten, beeindruckenden und außergewöhnlichen Frau. Milada Horáková hat sich nicht nur einmal, sondern selbst nach Gefängnis, KZ und Arbeitslager, auch ein zweites Mal gegen ein Regime aufgelehnt. Ich kann den Film nur weiterempfehlen, war er für mich doch der Anlass mich genauer zur Nachkriegszeit in der Tschechoslowakei zu belesen.

Georgia

Regisseur: David Mrnka
Filmtitel: Milada
Erscheinungsjahr: 2017

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