
© Foto: PQube, 2021
Vorweg sei gesagt: Ich liebe Pokemon! Ich habe bis dato alle Hauptspiele gezockt und mir ist noch nicht langweilig geworden. Aber es ist auch kein Geheimnis, dass Game Freak seit 1998 nicht kreativer mit den Haupthandlungen geworden ist. Zufällig bin ich auf meiner Suche nach Games für die Switch auf Nexomon gestoßen. Wer sich jetzt denkt: Das ist doch auch nur ein Pokemon-Abklatsch?! – Da habt ihr völlig recht und das meine ich durch und durch positiv. Nexomon nimmt die Elemente, die Pokemon für mich ausmachen und fügt Unterschiede hinzu, die ich sehnlichst vermisst habe. Das Ergebnis ist einfach nur episch und empfehlenswert.
Das erste Spiel der Reihe erschien 2017. Ich habe es selbst noch nicht gespielt, mir jedoch ein komplettes Let’s Play angeguckt, damit ich die Zusammenhänge für die Gesamthandlung kenne. Um die erste Story kurz anzuschneiden: Eine Art Monstergott ist in die Welt gekommen und hat sich vermehrt, so dass die Menschheit von ihm und seinen Nachkommen terrorisiert wird. Die Menschheit wiederrum hat angefangen diese Monster aka Nexomon zu bändigen und erfolgreich gegen ihren Schöpfer einzusetzen. Unser Charakter wird spontan zum Nexomon Tamer, um eine Gruppe aufzuhalten, deren Ziel es ist den Monstergott erneut zu erwecken.
Der zweite Teil Nexomon: Extinction spielt ein paar 100 Jahre später. Tyrannten, besonders starke Nexomon, terrorisieren erneut die Menschen. Diesmal haben sie sich mit abtrünnigen Tamern zusammengeschlossen. Wir werden frisch in der Gilde der Tamer aufgenommen, um im Kampf gegen die Tyrannten zu helfen. Das mag jetzt alles erstmal noch so lala klingen, aber es folgt eine unfassbar kreative, komplexe Story mit überraschenden Wendungen. Ich kann nicht mehr verraten, ohne zu spoilern. Deswegen sei an der Stelle lediglich gesagt, dass die Story für mich der größte Pluspunkt für Nexomon ist und der wichtigste Unterschied zu Pokemon. Es gibt mittlerweile so wenig Fiction (Serien, Bücher, Filme), die wirklich mal überraschende Plot Twists hat. Die Tatsache, dass ein Videospiel mehrmals dafür gesorgt hat, dass mir der Mund offen stehen blieb, mag mir noch nicht so richtig in den Kopf gehen. Ich wiederhole mich: Es ist episch!
Ich hatte eingangs schon erwähnt, dass es sich um einen positiven Abklatsch handelt. Ob wir nun Nexomon Tamer oder Pokemon Trainer sind, wir stellen uns ein Team aus sechs Monstern zusammen. Diese leveln wir auf durch Kämpfe gegen wilde Nexomon oder andere Tamer. Jedes Teammitglied kann vier Attacken haben. Ein Unterschied ist hier, dass die einzelnen Attacken keine begrenzte Einsatzanzahl haben, sondern dass jedes Nexomon einen Ausdauerwert hat und Attacken unterschiedlich viel Ausdauer verbrauchen. Ist sie auf null, muss sich erstmal ausgeruht werden. Weiterhin gibt es wie gewohnt Items, die Statuswerte boosten oder uns anderweitig einen Vorteil in Kämpfen, beim Fangen von neuen Teammitgliedern und im Verlauf der Story verschaffen.
Es gibt „nur“ neun Elementtypen und die Wechselwirkungen zwischen ihnen ist teilweise sehr verwirrend, besonders wenn man Pokemon gewohnt ist. Grundsätzlich ist hier das Kampfsystem weniger spannend bzw. ausgeklügelt als beim Konkurrenten. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass das für Einsteiger eher positiv ist. Pluspunkt für mich ist auf jeden Fall, dass man zu Beginn die Wahl zwischen neun Starter-Nexomon hat, eins pro Element und es gar nicht so schwer ist auch die acht nicht gewählten in freier Wildbahn zu fangen. Es gibt noch viele weitere Pluspunkte, die ich euch nicht vorenthalten will.
Das Spiel gibt einem fast freie Hand, wenn man nicht direkt der Hauptstory folgen mag. Ein Großteil der Gebiete ist von vornherein erkundbar. Wilde Nexomon und optionale Gegner sind an das Level des stärksten Nexomons im Team angepasst, so dass ihr in diesen Gebieten auch ohne Frust vorankommt. Dem Spieler wird eine Vielzahl von Nebenquests geboten, die meist ziemlich gute Belohnungen mit sich bringen. Ich habe maximal zwei Abschnitte der Hauptstory erledigt und bin dann erstmal stundenlang durch die Gegend gewandert, um zu erkunden/looten und mein Team zusammenzustellen und erstmal zu leveln. Ich liebe diese Freiheit und vermisse sie sehnlichst bei Pokemon. Nexomon erinnert mich zwar an die nächste Hauptquest und sagt mir, wenn ich vom Weg abkomme, lässt mich ansonsten aber einfach machen. Zumal diese 2D-Welt wunderbar bunt und abwechslungsreich gestaltet ist. So viel Liebe zum Detail ist lobenswert. Man begegnet sehr vielen NPCs, die selten gleich aussehen und die Gebiete sind so unterschiedlich und dabei immer schön anzusehen.
Last but not least: Der Humor. Das Spiel nimmt sich überhaupt nicht ernst und ist unglaublich witzig. Ständig wird die vierte Wand durchbrochen mit Sprüchen wie „Vielleicht sind wir auch alle nur in einer Switch eingesperrt.“ oder „Hast du noch nie ein RPG gespielt?“. Dieser Humor verbunden mit einer actionreichen, guten Story ergibt eine fabelhafte Mischung. Auch die Verknüpfung der Handlungen beider Spiele ist hervorragend. Es ist nicht notwendig den ersten Teil zu kennen, um Nexomon: Extinction genießen zu können, macht aber das Erlebnis nochmal besser.
Fazit ist, dass sich Pokemon eine fette Scheibe abschneiden kann, was Storytelling angeht. Es gibt schon Hinweise auf einen dritten Teil von Nexomon. Da die Spiel- und Kampfsystematik bereits vom ersten zum zweiten Teil Verbesserungen gezeigt hat, hoffe ich auf weitere Steigerungen. Wenn diese Spielreihe ihre Stärken behält und den Rest weiter verbessert, dann kann sich Pokemon warm anziehen und nimmt das hoffentlich zum Anlass aufzuhören sich auf dem Thron auszuruhen.
Entwickler: Lime Turtle, Inc.
Titel: Nexomon: Extinction
Publisher: Lime Turtle, Inc., PQube
Veröffentlicht: 2020
Plattformen: Nintendo Switch, PlayStation 4, Microsoft Windows, Xbox One, Mac OS