Das Spiel mit den Erwartungen

© Foto: Kristina, 2021

Es ist wieder soweit, wir begeben uns auf (Lese-)Reise. Auf nach Mexiko! Das Land bietet nicht nur Sonne, Strand und Tequila, sondern auch viele unterschiedliche Geschichten.

Los geht es mit der von Fernando Retencio. Er ist Berater der Consultingfirma „Soluciones“ und will nur eines: den schwarzen Gürtel. Das Symbol des Erfolges. Nur die besten, erfindungsreichsten Berater werden in diesen Rang erhoben. Was dieser dann bedeutet, weiß man gar nicht so genau. Aber die Erwartungen sind groß – genau so wie meine an das Buch.

Fernando muss sich durchsetzen, alle Kollegen wollen ihm seinen Erfolg streitig machen, er muss besser sein als sie. Die Anzeigetafel im Eingangsbereich zeigt unerbittlich den aktuellen Platz in der Rangliste auf dem Weg zum schwarzen Gürtel an. Man muss sich immer anstrengen, sonst schickt der Chef eine Gruppe hübscher Mädchen, die einem das firmeneigene Abschiedslied trällern.

Auf seinem Weg an die Spitze muss Fernando unter anderem einen friedliebenden Boxer wieder in den Ring bekommen und einen weniger erfolgreichen, dafür umso selbstverliebteren Autoren bei der Entwicklung des nächsten Romans unterstützen. Als wäre das nicht schon anstrengend genug, muss er auch noch seine Frau im Auge behalten, die doch garantiert mit einem charmanten Schauspieler anbandeln will.

All das hat durchaus Unterhaltungspotenzial. Leider wird es nicht ausgeschöpft. Dank des Klappentextes konnte ich erahnen, dass Fernando auch Opfer des singenden Abschiedskomitees wird – die Erwartung ist, dass er dafür einen Fall wohl richtig spektakulär in den Sand gesetzt haben muss. Aber Fehlanzeige. Alles läuft bestens und er steht auch nicht ganz unten auf der Anzeigetafel, trotzdem heißt es „Bye bye“. Und nach ein paar Tagen tanzt er einfach wieder im Büro an und ist schwuppdiwupp wieder eingestellt.

Anstrengend ist auch seine Eifersucht. Da man nur seine Perspektive kennt, weiß man natürlich nicht, ob sie begründet ist oder nicht, aber so als Frau dachte ich mir die ganze Zeit „Boah Junge, krieg dich mal wieder ein.“ Sehr strange ist auch die Sekretärin von Fernandos ominösem Chef (keiner hat ihn je gesehen). Sie redet nur in Kombination mit einem knallroten Plüschfrosch namens Rita mit anderen. Genau das, was man in einer hoch angesehen Beratungsfirma erwartet … nicht. Und um jetzt mal zu spoilern: Fernando bekommt am Ende seinen schwarzen Gürtel. Keine Ahnung warum, immer noch keine Ahnung was der schwarze Gürtel eigentlich ist und schon gar keine Ahnung, warum man deshalb am Ende den Plüschfrosch zerfetzen und der Sekretärin die Zähne einschlagen muss.

Dieses Buch lässt mich ratlos zurück.

Kristina

Autor: Eduardo Rabasa
Buchtitel:
Der schwarze Gürtel
Übersetzung: Aus dem Spanischen von Hans-Joachim Hartstein
Verlag: Kunstmann

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