Geld regiert die Welt – auch zu Weihnachten

© Foto: Karoline, 2021

Alle Jahre wieder bringt der Klett-Cotta-Verlag einen neuen Weihnachtskrimi heraus. Stets haben sie klassische Who-Dunnit-Elemente, die im schneelastigen Flair kammerspielartig ausgelebt werden. Beim ersten Band dieser losen Reihe Geheimnis in Weiß von J. Jefferson Farjeon war ich voll des Lobes. Der Nachfolger, Geheimnis in Rot von Mavis Doriel Hay, konnte mich hingegen nur mäßig unterhalten. Wie würde es mit dem diesjährigen Nachfolger, Das Geheimnis der Grays von Anne Meredith, wohl aussehen? Die außergewöhnliche Kombination von Covergestaltung, Format und Leinenoptik ließ mein buchaffines Herz jedenfalls mal wieder höherschlagen.

Zum Heiligabend versammelt sich die ganze Familie Gray im alten Adelshaus, um gemeinsam Weihnachten zu begehen. Doch von Herzlichkeit kann hier nun wirklich nicht die Rede sein. Familienoberhaupt und Zyniker Adrian wurde um einen Großteil seines Geldes gebracht. Schuld ist Eustace, der dubiose Financier und Ehemann seiner Tochter Olivia. Der hat sich nämlich mit Scheinfirmen verspekuliert. Dumm nur, dass der Erstgeborene Richard gerade etwas Kohle benötigt, um sich einen Titel zu kaufen. Jener macht sich doch so wunderbar, um seine politische Karriere voran zu treiben. Außerdem bezahlen sich Ehefrau und Geliebte auch nicht von selbst. Die Töchter Amy und Isobell liegen dem Familienvater ebenfalls auf der Tasche. Amy schmeißt zwar den Haushalt, muss aber an allen Ecken und Enden sparen, während Isobell nach einer grauenvollen Ehe wieder in den nicht gerade erfreuten Schoß der Familie zurückgekehrt ist. Nach langen Jahren der Abwesenheit ist in diesem Jahr auch Sohn Hildebrand mal wieder zugegen. Der hatte sich ursprünglich mit dem Vater zerstritten. Grund dafür waren die unterschiedlichen Weltbilder. Während Vater Adrian auf Besitz und Wohlstand pocht, so versucht Hildebrand als Künstler seinen persönlichen Lebenstraum zu erfüllen. Nur dumm, dass er die falsche Frau geheiratet und mit ihr mehr als eine Handvoll Kinder hat, die er durchfüttern muss und daher notorisch knapp bei Kasse ist. Einzig und allein Tochter Ruth mit ihrem Mann und Rechtsanwalt Miles scheinen ein bescheidenes, aber sehr glückliches Leben zu führen.

Sechs Kinder, drei Angeheiratete und ein paar Bedienstete sind nun also in der Villa, als Vater Adrian in der Nacht zum 1. Weihnachtsfeiertag ermordet wird. Etwas Schweres traf ihn am Kopf, sodass er einfach leblos zu Boden sackte. Wer kann so etwas nur getan haben? Welches der geldgierigen Kinder würde über Leichen gehen, um an die Kohle zu kommen? Eine gute Frage, die ich relativ schnell beantwortet bekam. Denn nach knapp 50 der 291 Seiten wusste der Leser schon, um wen es sich beim Täter handelt. Langweilig war es trotzdem nicht, denn nun wird der Jäger zum Gejagten. Da werden Alibis und Argumente zurechtgelegt, um nicht aufzufallen und Fallen für unliebsame Familienmitglieder gestellt, damit der Kommissar misstrauisch wird. Wird der Ermittelnde, der ebenfalls seine kleinen Geheimnisse hat, den Täter entlarven oder an den Finten scheitern?

Dieser psychologische Krimiklassiker von Anne Meredith kann zum Glück wieder an die Qualität von Geheimnis in Weiß anknüpfen. Ich war überrascht, so früh den Namen des Mörders zu erfahren und daher umso gespannter wie das Buch sich weiter entwickeln würde. Die Motivationen der einzelnen Familienmitglieder werden wunderbar beleuchtet, sodass ich als Leser Reaktionen und Handlungen stets nachvollziehen konnte. Sympathisch sind in dieser Familie wahrlich wenige. Das einzige, was mich an Das Geheimnis der Grays gestört hat, ist ein fehlendes Personenregister. Die Anzahl der Protagonisten ist einfach zu hoch und mein Namensgedächtnis zu grottig, als dass ich mir alle Personen hätte merken können. In gewohnter Manier fertigte ich mir also ein eigenes kleines Spickerchen an, um die Übersicht zu behalten. Dies hat meiner Lesefreude jedoch keinen Abbruch getan. Ich war wunderbar unterhalten und hinterher sehr froh, dass meine Weihnachten wesentlich herzlicher vonstatten gehen.

Karoline

Autorin: Anne Meredith
Buchtitel: Das Geheimnis der Grays
Übersetzung: aus dem Englischen von Barbara Heller
Verlag: Klett-Cotta

2 Gedanken zu “Geld regiert die Welt – auch zu Weihnachten

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