
© Foto: Katrin, 2020
Frauen und Sex. Sicher werden einige denken, darüber sei mittlerweile doch alles gesagt. Aber dieser Meinung bin ich genauso wenig wie Autorin Katja Lewina. Ihr Buch Sie hat Bock sprang mir in meinem Lieblingsbuchladen quasi ins Gesicht. Wie hätte ich das bei DEM Titel nicht lesen sollen, bitte?! Dazu noch das Cover mit dem verschämten Guckloch, unter dem sich eine wunderbare Collage versteckt, die unter anderem gleich mal ein blutiges Höschen zeigt. Irgendwie vielversprechend, fand ich und fläzte mich mit meiner neuen Lektüre umgehend aufs Bett.
Entstanden aus einer Kolumne im Magazin jetzt der Süddeutschen Zeitung, findet sich in dem Buch eine Menge zum Thema Sex, Lust und Körper, was einen als erwachsene Frau beschäftigt. Doch zunächst einmal begrüßt uns die Autorin ganz jovial mit einem Trinkspruch. „Ficken ist Frieden“. Klingt verrückt? Vielleicht auf den ersten Blick. Warum das jedoch auch wesentlich positiver betrachtet werden kann, erklärt uns die Autorin in den folgenden 27 Kapiteln des Buches. Was finden eigentlich alle am Analsex? Warum ist die Menstruation für viele Frauen noch immer derart schambehaftet? Deine Suche nach der richtigen Frauenärztin war auch für dich ein steiniger Weg? Und vor allem: Frauen wollen tatsächlich vögeln? Verrrückte Sache …
Ohne großartige Brüche und äußerst gut gelaunt springt die Autorin von Thema zu Thema. Dabei beantwortet sie alle möglichen Fragen – darunter etliche, auf die ich nicht auf Anhieb gekommen wäre. Sie schildert, wie es als Frau ist, über Sex zu schreiben. Sie behandelt das Thema Beschimpfungen und wie wir generell durch unsere Sprache geprägt werden. Die Behaarung, das Alter, Verhütung, Kindererziehung … selbst eine Ode an die weiblichen Säfte möchte sie uns nicht vorenthalten. Irgendwie ist von allem was dabei und so einiges, das einem schon ewig unter den Nägeln brannte. Ich fühlte mich nicht nur großartig unterhalten, sondern auch verstanden. So, als würde ich mit meiner besten Freundin über all das plauschen. Einfach klasse.
Was ich besonders gut finde: Katja Lewina hat eine Meinung. Sie hat schon so einiges erlebt und ist ganz und gar nicht neutral, sondern schildert stets ihre eigene Sichtweise. Gut begründet, versteht sich und durchaus mit einem gewagten Blick über den Tellerrand. Beim Lesen wird mir klar, dass ich nicht alles gut finden muss, was sie äußert, denn diese Haltung vermittelt sie auch selbst. Damit zieht sich ein Gefühl von leben und leben lassen wie ein roter Faden durch das gesamte Buch. Vor allem bei heiklen Themen schafft sie es, sich einen durchweg positiven Grundton zu bewahren. Das soll der Frau erst einmal jemand nachmachen! Natürlich wird vieles nur gestreift oder zur eigenen Reflektion eher unkommentiert in den Raum geworfen, hier und da bleibt sie ein wenig zu sehr an der Oberfläche. Mich stört das allerdings nicht, denn wozu hat man seinen Kopf, wenn nicht zum Nach- und Weiterdenken? Dafür findet sich im Anhang eine hübsche kleine Liste an Folgelektüre. Und genau darauf hat man im Anschluss richtig Lust, finde ich.
Zufrieden schlage ich dieses Buch zu und denke mir, dass ich gern mehr davon hätte. Mehr von der Gelassenheit, Unverklemmtheit, dem Spaß an Liebe und Lust, dem wunderbaren Plauderton, welcher über diverse sogenannte Tabu-Themen nur so hinweg flutscht. Sie hat Bock verbirgt ein herrliches Sammelsurium zwischen seinen Buchdeckeln und sorgt für manche Denkanstöße, ohne einem ständig mit dem erhobenen Zeigefinger zu kommen. Daher liest es sich in einem Rutsch weg und hinterlässt bei mir das Gefühl, dass ich es gleich jedem in die Hand drücken möchte. Habt ihr ebenfalls Bock drauf? Dann hierauf noch einmal der Trinkspruch: Ficken ist Frieden, Leute.
Autorin: Katja Lewina
Titel: Sie hat Bock
Verlag: DuMont Buchverlag