Die Japanische Filmkunst – Imbissbuden, wandelnde Schlösser und ein Samurai

© Foto: Inkunabel, 2016

© Foto: Inkunabel, 2016

Heute bieten wir euch einmal Filmtipps fernab des gewöhnlichen Hollywood-Kinos mit seinen stringenten Abläufen und vorhersehbaren Plotpoints. Besonders den Animes hatten wir bisher unsere Aufmerksamkeit gewidmet. So haben wir bereits zu den Serien Hikari – Die kleinen Superstars, Avatar – Der Herr der Elemente, Barakamon oder zum Kriegsdrama Die letzten Glühwürmchen Rezensionen verfasst. Fest steht, dass gerade wegen seiner Andersartigkeit der japanische Film nicht jedermanns Sache sein dürfte. Diese drei frisch entdeckten Filme haben es uns jedoch angetan – egal ob zur Unterhaltung, Weiterbildung oder einfach Erschließung einer komplett anderen Kultur.


© Foto: Ilke, 2016

© Foto: Ilke, 2016

Über Ausgrenzung und Freundschaften

Sentaro betreibt eine kleine Imbissbude, die sich auf die Herstellung von Dorayaki spezialisiert hat. Diese Pfannkuchen sind mit „An“ gefüllt, einem süßen Mus aus roten Bohnen. Seine Kundschaft ist überschaubar, seine Laune recht trüb. Eines schönen Frühlingstages, der Kirschbaum neben seinem Imbiss steht in voller Blüte, bittet ihn Tokue um einen Aushilfsjob. Sentaro lehnt ab. Auch am nächsten Tag versucht er alles, der hartnäckigen alten Dame den Job zu vermiesen. Doch Tokue gibt nicht auf, so gern würde sie für ihn arbeiten und Dorayakis herstellen. Erst als sie ihm eine Schale mit selbstgekochtem An dalässt mit der Bitte, diese zu probieren, lässt er sich umstimmen. Ihr Bohnenmus schmeckt fantastisch – ganz anders als die gekaufte Pampe in der Großpackung. Sentaro bittet sie am nächsten Tag um Hilfe und sie willigt freudestrahlend ein. Schnell spricht sich herum, wie gut die Dorayaki nun schmecken, und der Imbiss floriert. Langsam entwickelt sich eine Freundschaft zwischen Sentaro, Takue und ihrer Stammkundin Wakana, einem Mädchen aus schwierigen Familienverhältnissen. Doch Tokues seltsam verunstaltete Hände säen Misstrauen und Angst bei der Kundschaft, die sich auf das Geschäft auswirken.

Frohen Gemüts ging ich in die Filmvorstellung – hatte ich doch für unseren Japan-Monat einen aktuellen Kinofilm gefunden. Essen und Blumen, das kann ja nur gut werden. Mich erwartete jedoch viel mehr. Kirschblüten und rote Bohnen ist ein einfühlsames und ruhiges Drama, das Ausgrenzung, Freundschaft und Lebensmut thematisiert. Leicht philosophisch angehaucht kommt der Film mit schönen und detailreichen Bildern daher, lässt den Zuschauer lachen, weinen und hoffen. Es ist einfach wunderschön und herzerwärmend mit anzusehen, wie sich Takue an kleinen, alltäglichen Dingen, wie einem singenden Vogel oder einem im Wind wehenden Kirschbaumzweig, erfreut. Sie ist die liebe, alte Dame, die man einfach nur knuddeln will, weil sie einerseits so niedlich und andererseits so gezeichnet erscheint. Genauso geht es einem ans Herz, wenn der griesgrämige Sentaro beim Lob seiner neuen Dorayaki lächelt. Ich kann diesen Wohlfühlfilm jedem wärmstens empfehlen. Der Trailer vermittelt einen ersten Eindruck.

Wie nicht anders zu erwarten handelt es sich hierbei um eine Romanverfilnung. In Deutschland erscheint er unter gleichem Namen am 16.03.2016 im Dumont Verlag.

Ilke

Regisseur: Naomi Kawase
Filmtitel: Kirschblüten und rote Bohnen
Erscheinungsjahr: 2016

 


© Foto: Georgia, 2016

Die junge Alte und der herzlose Zauberer

Die junge Hutmacherin Sophie lebt in einer magischen Welt, die sich im industriellen Zeitalter befindet. Neben Automobilen und Luftschiffen trifft man dort auch auf Hexen und andere Fabelwesen. Eines Tages wird sie von zwei aufdringlichen Soldaten bedrängt und der Zauberer Hauro befreit sie aus der misslichen Lage. Es gehen Gerüchte um, dass der Zauberer gern die Herzen von jungen Frauen verspeist, weil er seines nicht mehr besitzt. Ihre Wege trennen sich jedoch ereignislos wieder, aber die Hexe aus dem Niemandsland stattet Sophie einen Besuch ab. Sie ist schon lange sehnsüchtig auf der Suche nach Hauro und belegt die Hutmacherin aus Eifersucht mit einem Fluch. Sophie wird in eine Neunzigjährige verwandelt und versucht fortan einen Weg zu finden diesen Fluch zu brechen. Im Niemandsland erhält sie Zutritt zu Hauros Schloss, welches sich auf vier Beinen fortbewegt und dessen Tür zu verschiedenen Orten führt. Angetrieben wird das wandelnde Schloss durch die Kräfte des Feuerdämons Calcifer. Er und Sophie machen einen Deal: Wenn sie herausfindet was für ein Abkommen zwischen Hauro und Calcifer besteht, wird Sophie von ihrem Fluch befreit. Zu diesem Zweck stellt sie sich kurzerhand selbst als Putzfrau ein. Hauro hat daran nichts aussetzen, denn er ist mit seinen eigenen Problemen schwer beschäftigt. Es herrscht Krieg und der König hat alle Zauberer und Hexen des Landes als Unterstützung für den Kampf einberufen. Während Sophie sich also auf Spurensuche begibt, versucht Hauro dem Kriegseinzug zu entgehen.

Mir war von Anfang klar, dass ich zu unserem japanischen Filmbeitrag einen Anime von Hayao Miyazaki beziehungsweise vom Studio Ghibli rezensieren werde. Nur bei der Auswahl habe ich mich etwas schwergetan. Alle Filme von ihm sind einfach fantastisch: Die Story ist komplex und interessant, ebenso die Charaktere. Hinzu kommen schöne Bilder und eine wunderbare musikalische Untermalung. Das wandelnde Schloss erfüllt alle diese Punkte und ich bin begeistert von der Kombination von Technik und Magie, die vor allem beim Schloss zur Geltung kommt. Prinzipiell ist die Handlung stringent, aber der Zuschauer bekommt eine gute Mischung aus Action, Humor und Romanze geboten. Obwohl Sophie willensstark und selbstbewusst sein kann, stellt sie ihr eigenes Licht oft unter den Scheffel. Es ist schön sie dabei zu begleiten, wie sie ihre Stärken erkennt und über sich selbst hinauswächst. Das wandelnde Schloss ist einer dieser Filme, der mich mit einem flauschigen Gefühl zurücklässt, egal wie oft ich ihn sehe.

Georgia

Regisseur: Hayao Miyazaki
Filmtitel: Das wandelnde Schloss
Erscheinungsjahr: 2004

 


ZatoichiBlinderSamurai

© Foto: Katrin, 2015

Ein blinder Samurai, zwei Geishas und ein Spieler gehen in die Stadt

Auf der Suche nach einem japanischen Realfilm stieß ich im DVD-Regal meines Freundes auf Zatoichi – Der blinde Samurai. Ich war eher skeptisch, ob mir dieser Film gefallen würde, denn eigentlich mochte ich weder blutige noch durchchoreografierte Kampfszenen, die meist auf Kosten der Handlung gingen. Doch es sollte anders kommen.

Zatoichi, ein blinder Samurai und Verstoßener, zieht als Wandermasseur durch die Welt. Als er einer einsamen Arbeiterin mit ihrer Last hilft, nimmt diese ihn kurzerhand bei sich Zuhause auf. Um ihr einen Gefallen zu tun, freundet sich Zatoichi mit ihrem geliebten, aber spielsüchtigen Neffen an. Währenddessen versucht in der benachbarten Stadt ein Clan die Herrschaft an sich zu reißen und beutelt die Menschen mit Mafia-ähnlichen Abgaben. Der Clan übernimmt Geschäfte und schaltet nach und nach seine Konkurrenz aus. Als Zatoichi und der Neffe zwei Geishas kennenlernen, die noch eine offene Rechnung mit dem Clan-Führer haben, kann auch schon das Hauen und Stechen beginnen.
Obwohl Zatoichi der Namensgeber und Hauptdarsteller des Films ist, wird den Nebencharakteren extrem viel Aufmerksamkeit zuteil. Sie werden detailliert und liebevoll in die Geschichte eingeführt und ihre Motive werden klar dargelegt. Der ganze Film ist eine verworrene Mischung aus beruhigenden Szenen und aufregenden Momenten, daher aber auch etwas gewöhnungsbedürftig. Eine Prise Slapstick ist ebenfalls vertreten, vor allem durch den Neffen, der immer Pech beim Würfeln hat und sich mehr als einmal weh tut.
Das herausstechendste Merkmal von Zatoichi – Der blinde Samurai ist wohl die Ästhetik. Einerseits tritt sie visuell bei den computeranimierten Blutspritzern zutage, die wirklich übertrieben, aber dekorativ durchs Bild fliegen. Andererseits gibt es auch eine musikalische Ästhetik, die durch Feldarbeiter, die im Takt zur Musik hacken oder durch das fulminante Stepptanz-Ende zutage tritt. Die Abschlussszene erinnerte mich ein wenig die exotische Variante von Lord of the Dance und bildete damit eine kunstvolle Abrundung der ganzen Geschichte.
Wer also keine Scheu vor andersartigen Filmen hat, bei denen wenig erklärt und vieles erst im Kontext klar wird, der sollte sich auf das Experiment Zatoichi einlassen – ich jedenfalls habe es nicht bereut!

Regisseur: Takeshi Kitano
Filmtitel: Zatoichi – Der blinde Samurai
Erscheinungsjahr: 2003

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